Wenn der Lebenstraum wahr wird…

Mit einem 280 GE "Jacky Ickx-Replika" bei der Dakar Classic

Wenn der Lebenstraum wahr wird…: Mit einem 280 GE "Jacky Ickx-Replika" bei der Dakar Classic
Erstellt am 13. Januar 2023

Mit großen Augen stand ich im Dezember 1984 als 14 jähriger Bub unter dem Eifelturm in Paris und bewunderte die Fahrzeuge bei der technischen Abnahme zur Rallye Paris-Dakar 1985. Während sich mein Vater mit einem Teilnehmer unterhielt einem gewissen Herrn Gerhard Walcher aus Stuttgart der wagemutig mit einem BMW Gespann antrat, musterte ich die Porsche 959 von Ickx, Metge und Maas. Von diesem Zeitpunkt an träumte ich von einer Teilnahme an dieser „Mutter aller Abenteuerrallyes.“

38 Jahre später stehe ich mit meinem Copiloten Bastian Klausing am Start der Dakar Classic 2022. Wir haben ein Team gebildet mit sechs Fahrzeugen inklusive MAN Service Truck aus Deutschland der Schweiz und den Niederlanden. Würde man alle Probleme, Herausforderungen und Hindernisse aufzählen die hier bewältigt werden mussten hätte man ein Buch schreiben müssen. Letztlich hat jeder die 15.000 Euro Startgeld zusammen bekommen und ein fahrfähiges Auto in den Hafen von Marsailles gebracht.
Jetzt waren wir in Jeddah, 7.216 Kilometer in 12 Etappen lagen vor uns.
Zunächst gab es Gelegenheit zur Testfahrt, beim „Shakedon“ wurden wir mit den Aufgaben der nächsten zwei Wochen konfrontiert. Die Teilnehmer folgten routiniert dem Roadbook bis zur ersten Navigationsprüfung, ab da fuhren alle wie ein Hühnerhaufen wild durcheinander… toll. Beim zweiten Versuch klappte es besser das beruhigte ein wenig. 

Man muss auch den "Kamikaze Fahrstil" der anderen kennen

Die Dakar Classic hat drei Fahrzeugklassen (A -1986, B-1987-92, C-1993-1999) und drei Geschwindigkeitsklassen (H1-H3). Wir sind in der H2A gestartet.
Am nächsten Tag folgten 840 Kilometer Autobahnüberführung zu Startort Hail. Zeit das Auto zu studieren und Land und Leute speziell deren Kamikaze Fahrstil kennenzulernen.

Die Dakar Classic ist eine „Regularity Rallye“ es geht nicht auf Höchstgeschwindigkeit, sondern auf Vorgegebene Geschwindigkeit. Im Roadbook stehen neben den Navigationshinweisen die jeweilig zu fahrenden Geschwindigkeiten. Fährt man schneller oder langsamer gibt es Strafpunkte. Bastian der erstmals den Job als Co macht hat viele Fragezeichen im Gesicht.

Jacky Ickx besucht "seinen" alten Rallye-G

Der Prolog bei Hail war mit seinen 22 Kilometern Prüfung und 105 Kilometer Überführung eine schonende Einführung. Wir sind gleich mal in eine Speedlimit Zone rein gerauscht… 200 Strafpunkte. Ok das war lehrreich würde uns nicht mehr passieren.

Die erste 309 Kilometer lange Etappe um Hail mit 141 Kilometer Prüfung war die Feuertaufe, unser 280GE ging sensationell gut. Der G schrie quasi danach ihn von der Kette zu lassen. Haben wir gemacht es hat tierisch Spaß gemacht und uns einen Tsunami an Strafpunkten gebracht. Wir waren viel zu schnell gewesen.

Am Abend wurden wir von Jacky Ickx besucht, der im Bivouac seine alten Rennautos aufsuchte. Eine wirkliche Ehre und ein unvergesslicher Momennt.

Kollision mit einem Mitsubishi Pajero

Leider wurde die Prüfung auf der zweiten 647 Kilometer langen Etappe nach Al Qaisumah auf Grund von Überschwemmungen abgesagt. So ging es auf der Landstraße ins nächste Camp. Dort wartete eine 3 Grad kalte Nacht, ein warmer Schlafsack gehört ins Dakargepäck!

Mit der dritten Etappe um Al Qaisumah waren wir im Dakar Trott angelangt. Aufstehen zwischen vier und fünf Uhr dann 10-12 Stunden Autofahren Essen, Auto reparieren, schlafen und von vorn. Sonnenaufgang und Sonnenuntergang hinter dem Lenkrad erleben.
578 Kilometer davon 247 in Wertung in einem alten Auto auf mörderischen Strecken sind hart. Da fällt man abends sehr müde ins Zelt.

Die verte Etappe 551 Kilometer davon 219 in Wertung von Al Qaisumah nach Ryadh. Während einer Navigationsprüfung hatte ein Mitsubishi Pajero vor uns plötzlich gestoppt und ist nach links in unsere Spur gefahren um zu wenden. Keine Chance für mich noch auszuweichen oder zu bremsen. Wir sind dem voll in die Seite gefahren. Nach dem ersten Schock, Schadenanalyse unser G ist Fahrfähig lediglich die Stoßstange und der GFK Kotflügel haben was abbekommen. Wir haben den Niederländern geholfen ihren Mitsu zu richten und sind weiter gefahren. Am Abend hatten wir erstmals Strafpunkte weil wir zu viel Zeit gebraucht hatten.

Radwechsel oder Fahrerbesprechung?

Die 525 Kilometer Rundetappe Ryadh mit 229 Kilometer Prüfung sollte uns einen weiteren Mitsubishi Kontakt bringen. Fünf Kilometer vor dem Ziel stand ein Grieche vor seinem Mitsu und winkte mit dem Bergegurt. Ehrensache das wir den mit ins Ziel geschleppt haben. Abends ist aufgefallen das unser G einen schleichenden Plattfuß hatte, nach dem Radwechsel haben wir uns nicht mehr motivieren können zur Fahrerbesprechung zu gehen.
Das sollte sich rächen…

Auf der sechsten 425 Kilometer langen Ettape um Ryadh mit 223 Kilometer Prüfung versuchten wir uns strickt an den Regularity Speed zu halten. Dabei durchfuhren wir zwei 30 Km/h Zonen vorschriftsmäßig mit 30 die bei der Fahrerbesprechung aufgehoben wurden… erlaubt waren nun 65 Km/h.

Ohne Rallyecomputer geht gar nichts

Dann hatten wir kurz vor Ende der Etappen noch einen Platten. Wir hielten den Tag für einen schlechten Tag, wir wussten ja nicht was noch kommen sollte.
Unsere Teamkollegen Adi und Ernst im Peugeot 504 Coupé konnten Etappe fünf nicht beenden und die sechste gar nicht fahren. Sie benötigen eine Riemenscheibe die aus Deutschland die nach Ryadh geflogen wurde. Bei den Zollformalitäten war unser Campnachbar Nasser Al Attiyah (!) behilflich der die Scheibe dann sogar persönlich vorbei brachte!

Der Ruhetag wurde zur Fahrzeug und Körperpflege genutzt endlich wieder ein Hotelzimmer mit eigener Dusche. Wir befreiten auch den G vom Staub und Dreck und kümmerten uns um Ersattzreifen. Bastian beschäftigte sich mit den Zeittabellen und der Stoppuhr um eventuell doch die Sache mit dem Regularity in den Griff zu bekommen. Die Top Teams verfügten alle über Rallyecomputer der dem Fahrer anzeigt ob er schneller oder langsamer fahren muss. Von dem 2.000 Euro teuren Ding hatten wir vorher nie was gehört, wer wirklich vorn fahren will braucht so was.

Enge Felstäler und Pisten mit tiefem Sand

Etappe sieben von Ryadh nach Al Dawadimi 542 Kilometer davon 268 auf Zeit. Unser Teamkollege Fritz Becker der sich mit seinem Toyota J8 bis auf den 35 Platz vorgefahren hatte, musste die Etappe kurz nach dem Start abbrechen. Er hatte sich in einem Graben die Vorderachse verbogen. Er fuhr auf der Landstraße ins Camp und besorgte eine Gebrauchte Achse vom Schrottplatz. Der zweite Toyota ein J6 mit Mirko Ürmösi überstand die Etappe, aber er hatte einen Verkehrsumfall im letzten Kreisverkehr vor dem Bivouac. Ein paar Hammerschläge am Abend und der J6 sah wieder halbwegs normal aus.

Also auf zur achten Etappe von Al Dawadimi nach Wadi Da Wasir, 743 Kilometer und 291 Kilometer Sonderprüfung die längste Etappe der Rallye. Eine Folge endloser Folterstrecken für Mensch und Material. Grobschotterpisten im Wechsel mit endlosen Wadis die mit Felsen gespickt waren, enge Felstäler und Pisten mit tiefem Sand. Wir waren glücklich die Etappe einfach überstanden zu haben. Zwei verunfallte Fahrzeug und mehrere liegengebliebene haben wir auf dem Weg gesehen. Unser G lief dreiviertel der ultra harte Etappe völlig problemlos aber im letzten Viertel bekam er ab 4.000 Umdrehungen nicht mehr genug Benzin. Wir retteten uns ins Ziel. Unser Mechaniker Matthias hat abends den Benzinfilter getauscht das Problem schien behoben zu sein.

Das G-Klasse-Team kämpft sich durch - trotz Fieber

Bereits am Start der 674 Kilometer langen Etappe neun um Wadi Dawasir fühlte sich Bastian nicht gut. Die Etappe war hart und wir mussten zwei mal anhalten um den Benzinfilter von Dreck zu befreien. Die 242 Kilometer Wertungsprüfung zogen sich dahin wie Kaugummi.
Als wir ins Bivouac kamen setzte ich Bastian sofort im Medical Center ab. 39 Grad Fieber, Covid-Test negativ, aber wenn das Fieber nicht runter geht wird er ausgeflogen nach Jeddah damit währe unsere Rallye beendet.

Nach der ersten Infusion ist das Fieber weg, er bekommt drei weitere und geht danach sofort schlafen. Auf der Recherche nach dem Grund für unser Benzinproblem ist die Tankentlüftung ins Visier geraten. Ich rüste Luftfilter für die Entlüftung nach und hoffe das es hilft.

Etappe Zehn, die Etappe des Grauens

Bastian sieht immer noch nicht gut aus, aber wir wollen die Rallye unbedingt beenden. Wir nehmen die 458 Kilometer lange Strecke nach Bisha auf uns. Bereits nach gut einem Viertel der 278 Kilometer Sonderprüfung machte der Benzinfilter wieder Ärger. Anhalten frei klopfen warten weiterfahren… das ganze zweimal bis zur Hälfte der Etappe. Dann lies sich kein Gang mehr schalten, anhalten nachschauen. Ein Sperrblech des Schaltgestänges war ab, das Teil war weg. Also aus irgendeinem Blechteil im Auto ein improvisiertes dran gebaut. Gut hielt! Aber bei der Reparatur fiehl mir auf das der Vordere linke Stoßdämpfer unten in der Halterung abgerissen war! Das Auto fuhr sich die letzten 20 Kilometer auch komisch. Also Stoßdämpfer ausgebaut. Das Externe Reservoir des Stoßdämpfers ließ sich mit unserem Bordwerkzeug nicht abbauen. Wir entschlossen uns den Dämpfer bis ins Bivouac provisorisch auf dem Kotflügen zu verzurren. Weiter ging es, es folgen Pisten die eng zwischen Büschen durch gingen. Ein Gebüsch riß uns den Stoßdämpfer von der Haube ich bremste um das Teil einzusammeln. Das Auto ging aus und startete nicht mehr es kam zu wenig Benzin an. Nach dem ich den Dämpfer eingesammelt hatte (das Reservoir war durch den Einschlag einwandfrei abgebaut worden) wendete ich mich dem Benzinfilter zu. Zehn Minuten später fuhren wir wieder bis wir 7 Kilometer vor dem Ziel erneut leigen bleiben weil kein Benzin ankam. Nach 15 Minuten lief der Wagen wieder und wir kamen völlig fertig im Ziel an.

Die G-Klasse und das Team gehen auf dem Zahnfleisch

Am Abend schweißte Matthias den Dämpfer wieder an, ich legte ich die Benzinpumpe frei und reinige sie. Für mehr fehlte mir einfach die Kraft irgendwann musste ich schlafen.

Spätestens ab Etappe elf ging es nur noch darum ins Ziel zu kommen. Rundkurs Bisha 298 Kilometer davon 186 in Wertung. Fritz war mit seinem Toyota wieder am Start. Unser G lief bis 5.000 Umdrehungen problemlos das reichte um die Etappe zu überstehen aber auf der hälfte riß der Stoßdämpfer wieder ab. Da war eh langsam fahren angesagt. Kurz vor dem Ziel stand Fritz, beim Toyota hatte sich das Radlager vorn links aufgelöst. Der Lada Niva aus unserem Team fuhr auf der Landstraße ins Bivouac. Probleme mit dem Vergaser. Mittlerweile gingen wir alle auf dem Zahnfleisch.

15 Bilder Fotostrecke | Wenn der Lebenstraum wahr wird…: Mit einem 280 GE "Jacky Ickx-Replika" bei der Dakar Classic #01 #02

Die letzte Etappe, 608 Kilometer nach Jeddah davon nur 89 in Wertung. Wir starteten mit nur drei Stoßdämpfern, die 89 Kilometer musste der G so schaffen und das tat er auch. Wir zählten jeden Kilometer runter und horchten auf jedes Geräusch im Auto. Endlich geschafft! Etappenziel erreicht jetzt musste der G nur noch die restlichen 286 Kilometer Landstraße schaffen. Auch das klappt, überglücklich diese große mentale und körperliche Herausforderung geschafft zu haben fielen wir ins wohl verdiente Hotelbett in Jeddah.
Alle unsere Teammitglieder sind in Jedda angekommen. Unsere Holländischen Freunde Sander und Onno haben mit ihrem 280GE sogar ihre Klasse (H1A) gewonnen. Wir sind in unserer Gruppe (H2A) sechste geworden. Die Dakar Classic war ein Abenteuer und eine menschliche Herausforderung und sie war und bleibt immer mein Traum. Ich bin dankbar das ich sie erleben durfte.

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