Wer Sprit sparen will, muss sich als Hersteller mit dem Thema Luftwiderstand auseinandersetzen. Gute Aerodynamik leistet nämlich einen elementaren Beitrag zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs. Eine Verbesserung von einem Hundertstel beim cw Wert etwa hat eine Spritersparnis zufolge, die sich sonst nur mit einer Gewichtsreduktion des Fahrzeugs um rund 100 kg erzielen ließe. Aerodynamik ist also ein wichtiger Faktor beim Fahrzeugbau. Seit fast drei Jahrzehnten erzielen die Aerodynamiker von Mercedes-Benz einen Rekord nach dem anderen. Aktuell schneiden die Modelle der Marke in nahezu allen Fahrzeugsegmenten aerodynamisch am besten ab. Aeroakustisch sind die Modelle von Mercedes-Benz ebenfalls in fast allen Fahrzeugklassen führend. Auch die neue S-Klasse setzt sich aerodynamisch und aeroakustisch an die Spitze
Die neue Mercedes S-Klasse: Niedriger Verbrauch dank niedrigem cw-Wert
Bei der neuen S-Klasse konnte der Luftwiderstandsbeiwert im Vergleich zum Vorgänger nochmals um zwei Hundertstel verbessert werden und ist mit cw=0,24 nicht nur neuer Maßstab im Luxus-Segment. Damit ist die S-Klasse die strömungsgünstigste Limousine überhaupt. Der neue S 300 BlueTEC HYBRID ist mit cw=0,23 nochmal ein Hundertstel besser und erreicht nicht zuletzt aufgrund des extrem niedrigen Luftwiderstands phantastische Verbrauchs-Werte: nur 4,4 l/100 km oder 115 g CO2/km.
Auch bei Kompaktwagen wie der neuen A-Klasse (2012, cw=0,26), Coupés wie dem E-Klasse Coupé (2010, cw=0,24), Limousinen wie der E-Klasse (2009, cw=0,25), Sportwagen wie dem SL (2012, cw=0,27) und SUV wie der M-Klasse (2011, cw=0,32) haben nie zuvor Fahrzeuge dieser Segmente einen so niedrigen cw-Wert erreicht. Die neue CLA-Klasse stellt als BlueEFFICIENCY Edition mit einem cw-Wert von 0,22 und einem Luftwiderstand von 0,49 m2 gar einen neuen Weltrekord auf.
Aerodynamische Kenngrößen des gesamten Mercedes-Benz Pkw-Programms in der Übersicht
Baureihe | Cw-Wert | Stirnfläche A (m2) | Luftwiderstandsmaß |
A-Klasse | 0,27 BEE: 0,26 | 2,20 BEE: 2,20 | 0,59 BEE: 0,57 |
B-Klasse | 0,26 BEE: 0,24 | 2,42 BEE:2,42 | 0,63 0,58 |
CLA-Klasse | 0,23 BEE: 0,22 | 2,21 BEE: 2,21 | 0,51 BEE: 0,49 |
C-Klasse1 | 0,26/0,26/0,29 | 2,16/2,11/2,18 | 0,56/0,56/0,64 |
GLK-Klasse | 0,34 | 2,55 | 0,87 |
E-Klasse2 | 0,25/0,24/0,29/0,28 | 2,31/2,12/2,30/2,14 | 0,59/0,51/0,66/0,60 |
CLS-Klasse3 | 0,26/0,29 | 2,28/2,30 | 0,59/0,66 |
S-Klasse | 0,24 S 300 BTH: 0,23 | 2,46 | 0,59/0,56 |
SLK-Klasse | 0,30 | 1,98 | 0,59 |
SL-Klasse | 0,27 | 2,12 | 0,58 |
M-Klasse | 0,32 | 2,87 | 0,93 |
GL-Klasse | 0,35 | 2,96 | 1,04 |
R-Klasse | 0,31 | 2,80 | 0,87 |
G-Klasse | 0,54 | 2,97 | 1,60 |
SLS AMG4 | 0,36/0,36 | 2,14/2,11 | 0,77/0,76 |
Luftwiderstand zwecklos
Je windschnittiger ein Automobil ist, desto geringer ist sein Verbrauch. Doch auch Sicherheit, Komfort und Umwelt profitieren von der Beseitigung störender Luftwirbel. Denn geringe Auftriebswerte sorgen für gute Straßenlage, und geringe Windgeräusche schonen die Nerven von Passagieren und Passanten. 1984 setzte die E-Klasse der Baureihe W124 mit einem cwWert von 0,29 einen aerodynamischen Paukenschlag. Sie wurde zum Maßstab, an dem sich bis heute alle Limousinen messen lassen müssen und den längst nicht alle bestehen. Glatte Flächen, ein eingezogenes Heck und eine klare Abrisskante am Kofferraumdeckel waren konstruktive Elemente, die bis heute eine gute aerodynamische Grundform beschreiben. Seither wird beim cwWert an der zweiten Stelle hinter dem Komma gefeilt. Eine Verbesserung des cw-Wertes um 0,01 bedeutet im Fahrzyklus (NEFZ) immerhin ein Gramm CO2/km weniger Verbrauch, im gemittelten Realverbrauch sind es schon zwei Gramm und bei 150 km/h bereits fünf Gramm CO2 pro Kilometer.
Im Fokus steht also der dimensionslose Luftwiderstandsbeiwert cw: Er ist das Maß für die aerodynamische Formgüte eines Körpers und damit auch eines Automobils. Mit einem cw-Wert von 0,23 erreicht hier der Mercedes-Benz CLA eine neue Bestmarke sowohl innerhalb der Mercedes Modellpalette als auch unter allen Serienfahrzeugen. Der CLA 180 BlueEFFICIENCY Edition unterbietet diesen Bestwert sogar noch einmal. Hier lautet der cw-Wert 0,22.
Doch entscheidend für den Luftwiderstand ist keineswegs der cwWert allein. Denn zweite bestimmende Größe ist die Stirnfläche des Fahrzeugs, seine Querschnittsfläche in Strömungsrichtung. Früher wurde die Stirnfläche ermittelt, indem der Schatten des Körpers mit einer sehr weit entfernten Lampe auf einen durchsichtigen Schirm projiziert wurde. Dann malte man den Umriss ab und errechnete aus den einzelnen Segmenten die Gesamtfläche. Heute wird die Stirnfläche mit Laserlichtschranken abgetastet.
Weil Autos unter anderem aus Gründen des Komforts aber immer breiter und höher werden, sind den Aerodynamikern hier die Hände weitestgehend gebunden. Das Luftwiderstandmaß beschreibt, wie effizient ein Fahrzeug durch den Wind gleitet, es wird errechnet als Produkt aus Luftwiderstandsbeiwert und Stirnfläche eines Fahrzeugs. Und da der Beiwert dimensionslos ist, wird das Luftwiderstandsmaß angegeben in m². Im Falle des Aerodynamik-Weltmeisters CLA bedeutet dies: Die Luftwiderstandsfläche cw x A liegt mit 0,51 m2 ebenfalls an der Spitze und deutlich unter vielen Kleinwagen. Als CLA 180 BlueEFFICIENCY Edition wird dieser Bestwert sogar noch einmal unterboten, beim Luftwiderstand knackt das viertürige Coupé eine magische Grenze: Er beträgt nur 0,49 m².
Nur nicht in die Luft gehen: aerodynamischen Auftrieb vermindern
Wie alle Rennsportfans wissen, hat die Aerodynamik auch einen wesentlichen Einfluss auf das Fahrverhalten, gerade bei höheren Geschwindigkeiten. Denn die den Fahrzeugkörper überströmende Luft hat die unangenehme Eigenschaft, Auftrieb erzeugen zu können. Was Flugzeuge erst in die Luft hebt, ist bei Automobilen verständlicherweise unerwünscht. Aerodynamische Optimierung bedeutet daher auch, nicht nur den Luftwiderstand zu senken, sondern auch möglichst geringen Auftrieb zu erzeugen. Entscheidend ist dabei nicht nur der absolute Wert an Vorder- und Hinterachse, sondern eine möglichst harmonische Abstimmung der Werte für vorne und hinten. Nur so ändert sich das Fahrverhalten bei höheren Geschwindigkeiten nicht.
Die Ruhe selbst: akustische Optimierung von Anfang an
Auch Windgeräusche sind eine Disziplin der Aerodynamik. Grundvoraussetzung für ein niedriges Windgeräuschniveau im Innenraum sind winddicht abschließende Tür- und Fensterdichtungen. Dies gilt besonders für Fahrzeuge mit rahmenlosen Seitenscheiben.Doch Dichtungen sind erst der zweite Schritt. Zunehmend rückt in den Vordergrund der Entwicklung, Quellen für die Entstehung von Windgeräuschen, etwa an den Außenspiegeln oder beim Übergang von Motorhaube zur Frontscheibe und zum Dach, zu identifizieren und zu eliminieren.
Mit den Messwerkzeugen Kunstköpfe und Richtmikrofone lassen sich kleinste Schwachstellen lokalisieren, die dann durch bestmögliche technische Lösungen eliminiert werden. Bereits in der frühen Entwicklungsphase des E‑Klasse Coupés beispielsweise wurde mit einem drei Meter großen akustischen Hohlspiegel die Außenform der A-Säule und die der Außenspiegel im Windkanal optimiert.
Voller Durchblick auch im Regen: Aerodynamik hält Sichtfeld frei
Ein weiteres Arbeitsfeld bei den Windkanal-Experten ist der Kampf um freie Sicht. Es geht darum, die Windführung so zu gestalten, dass beispielsweise Seitenscheiben und Außenspiegel auch bei Schmuddelwetter freie Sicht garantieren. Bei den entsprechenden Versuchen werden mit fluoreszierenden Wassertropfen unter UV-Licht die Wasserablagerungen sichtbar gemacht. Dadurch lässt sich nachvollziehen, welchen Weg der Schmutz bei verschiedenen Geschwindigkeiten nimmt. Um die hochempfindliche Messtechnik und die Laufbänder des neuen Aeroakustik-Kanals in Sindelfingen nicht mit erschmutzungsversuchen zu belasten, werden diese auch künftig im so genannten Großen Windkanal im Werk Stuttgart-Untertürkheim durchgeführt.
Autor: Mathias Ebeling
1 Kommentar
2FAST4YOU
2. November 2013 10:28 (vor über 11 Jahren)
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