Beim Festival of Speed in Goodwood feierte der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro seine Weltpremiere. Die Mercedes-Fans.de Redaktion durfte hautnah erfahren, wie gut der Über-AMG-GT ist.
Der Mann am Lenkrad ist ganz in seinem Element. „Unglaublich, wie präzise der ist“, schmunzelt Bernd Schneider und dreht das Steuer um 90 Grad nach rechts. Wir pressen gerade noch ein „Mhm“ heraus, während der Magen Alarmstufe Rot signalisiert und dabei ist, sich von innen nach außen zu kehren. Wenn ein fünffacher DTM-Champion seinen Spaß hat, dann geht es auf dem Handlingkurs ziemlich zur Sache. Um es gleich vorneweg zu nehmen, der Stunt ging ohne größeren Kollateralschaden ab und der Innenraum blieb unversehrt. Doch wer das Potenzial eines Autos wie des neuen Mercedes-AMG GT 63 Pro 4MATIC voll ausschöpfen will, darf auf die Befindlichkeiten des Verdauungstrakts keine Rücksicht nehmen.
Schon wieder geht es mit einem Höllentempo in die knifflige Links-Rechts-Kombination. Einlenken, das Auto umlegen und wieder rauf aufs Gas. Der AMG GT Pro liegt so gut in der Hand, dass die Volantbewegungen minimalistisch ausfallen. Jetzt kommt die enge Haarnadel. Kein Grund, das Tempo vorschnell zu reduzieren. „Die Bremse mit den großen Scheiben ist wirklich gut“, sagt „Mister DTM“ und knallt in die Eisen, dass mein Sternum unfreiwillig mit Sicherheitsgurt Brüderschaft trinkt. Ein Blick auf die Bremsen lohnt sich. Die Bremsscheiben sind aus Karbon-Keramik und die Bremsbeläge bestehen wie im Rennsport auf Leistungsfähigkeit ausgelegt. Titan bildet die Rückseiten der Bremsklötze, was Gewicht bei den ungefederten Massen spart. Vorne sind die Scheiben 42 Zentimeter groß (die größten die AMG derzeit serienmäßig im Regal hat) und mit Sechskolben-Festsätteln bestückt, während es hinten Einkolben-Festsättel sind. Dass diese nur in Schwarz erhältlich sind, ist ein weiteres Bonmot.
„Wir haben die vorderen Bremsscheiben optimiert, indem wir den inneren Aufbau verändert haben, um die Wärme schneller abzuführen“, erklärt Projektleiter Dennis Steidl. Zudem haben die Affalterbacher Techniker die inneren Kohlkanäle der Bremse weiter verbessert. Kühlung ist beim AMG GT Pro ohnehin ein großes Thema. Zwei große Kühlluftöffnungen unten in der Frontschürze und entsprechende Bremsluftkanäle unterstützen die Temperaturkontrolle. Auch hier gilt: Mehr ist immer besser, deshalb kann man das vordere Kennzeichen schnell abnehmen und das Auto so mehr Luft aufsaugen. „Wir haben das Auto für die Rennstrecke ertüchtigt“, ergänzt der andere Projektleiter Tobias Roll. Deswegen werden auch die Differenziale der Hinter- und Vorderachse sowie das Verteilergetriebe des Allradantriebs mithilfe einer elektrisch betriebenen Wasserpumpe aktiv gekühlt. Am Unterboden sorgen Kanäle, die sich zu den Fahrzeugseiten hin krümmen und so einen Effekt wie ein kleiner Tornado generieren, was zusätzlichen Anpressdruck generiert.
In engen Ecken hilft die Hinterachslenkung und beim Herausbeschleunigen der Allradantrieb. Bernd Schneider strahlt erneut. „Klasse!“. Doch mit bei einem Gewicht von etwa 1.9 Tonnen stoßen auch die Techniker und die 2R Cup-Reifen (vorne 295/30 ZR 21 und hinten 305/30 ZR 21), also Semislicks, an ihre Grenzen und der Mercedes-AMG GT 63 Pro schiebt über die Vorderräder, wenn der Speed beim Einlenken nicht passt. Das kann leicht passieren. Denn mit 450 kW / 612 PS (20 kW / 27 PS mehr als im AMG GT 63) und einem maximalen Drehmoment von 850 Newtonmetern (plus 50 Nm) schiebt der Achtzylinder-Motor zwar mächtig an, kann aber seine Masse auch nicht durchgehend verbergen. Der Schub ist dennoch atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes: Aus dem Stand sprintet der AMG GT 63 PRO in 3,2 Sekunden auf 100 km/h, in 10,9 Sekunden auf 200 km/h und erst nach weiteren 117 km/h ist das Ende des Vortriebs erreicht.
Highspeed ist ohnehin nicht alles! Schließlich soll der Mercedes-AMG GT 63 Pro ein „Track Tool“ mit größerem Alltagsnutzen sein. Deswegen gibt es auf Wunsch auch zwei Einzelsitze hinten und das Fahrwerk mit aktiver Wankstabilisierung kann per Knopfdruck auch komfortabel eingestellt werden. Eine Sänfte wird der Mercedes-AMG GT 63 Pro 4Matic aber nie sein. Auch kein Sonderangebot. Wir vermuten einen Preis von rund 200.000 Euro.
Bildergalerie: Mercedes-AMG GT 63 Pro 4Matic 20 Bilder Fotostrecke | Mercedes-AMG GT 63 PRO 4MATIC 2024:
Datenblatt Mercedes-AMG GT 63 Pro 4Matic
Motor: Achtzylinder-Biturbo
Hubraum (cm3): 3.982
Leistung in PS (kW) bei U/min-1: 612 (450) bei 5.500 bis 6.500
Max. Drehmoment (Nm) bei Umin-1: 850 bei 2.350 bis 5.000
Höchstgeschwindigkeit (km/h): 317
Beschleunigung 0-100 km/h (sek.): 3,2
Getriebe: AMG Speedshift MCT 9G
Antrieb: Allrad
Verbrauch EU-Drittelmix (l/100 km): 14,1
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