Zugegeben, momentan schrillen beim Daimler wohl alle Alarmglocken. Da kann man schon mal etwas übersehen oder gar vergessen. Aber ausgerechnet den 175. Geburtstag des eigenen Gründervaters Carl Benz nicht zu würdigen, ist schon mehr als nur bemerkenswert.
Denn beim Daimler läuft es derzeit nicht rund. Das ist nichts Neues und so pfeift es momentan von allen Dächern. Der neue Boss, Ola Källenius, musste nach zwei Gewinnwarnungen nun auch noch ein eisernes Sparprogramm verkünden. Dabei soll es auch das Führungspersonal treffen. Das hört dort niemand gern und wird die angespannte Lage weiter verschlechtern.
In die schlechte Stimmung platzen obendrein noch volle Stundenpläne mit hohen Ablenkungspotenzialen. So sind da fast gleichzeitig die Auto-Messen in Los Angeles und Guangzhou in China. Nicht zu vergessen die Pressemitteilung über den TV-Kaufrausch-Star Harald Glööckler, der jetzt seine eigenen CLS-Sondermodelle präsentiert. Dann ist da noch das Mode-Engagement auf der Fashion Week Berlin, das 25-jährige Jubiläum von Mercedes in Indien, das Debüt in der Formel E, die BAMBI-Verleihung in Baden Baden, die Ankündigung der digitalen Weltpremiere des neuen GLA und das etwas bemühte 35-jährige Jubiläum des Marco Polo. Viele Themen, viele Prioritäten! Wo ist de rote Faden?
Menschlich ist das verständlich, wenn dann mal etwas vergessen wird. Aber von außen betrachtet, sieht es für die Konzernstrukturen und für die Verantwortlichen nicht gut aus, wenn ausgerechnet so ein Jubiläum unerwähnt bleibt. Nun mag Carl Benz aus heutiger Sicht „old school“ sein, ein alter weißer Mann, kein hipper KlicK-Garant im Internet und ein YouTube-Knaller schon mal gar nicht. Aber er hätte eine Botschaft gehabt, die heute so wichtig ist wie damals: "Die Lust am Erfinden hört nicht auf!"
Es wäre eine Gelegenheit gewesen, die Werte der Marke auf die ein oder andere Weise sympathisch und fern jeglicher Aufgeregtheit zu transportieren. Vielleicht sogar mit einem Augenzwinkern, denn ohne Bertha Benz wäre die Erfindung von Carl Benz vielleicht deutlich schwerer ins Rollen gekommen. Aber das ist alles spekulativ. Abgesehen von einigen wenigen Mercedes-Benz-Händlern, dem Museum in Ladenburg, einer Handvoll Tageszeitungen und unseren Medien wollte sich an seinem Geburtstag niemand an Carl Benz erinnern. Wenn schon der Daimler nicht an seinen Gründervater erinnert, wer soll es dann tun? Haben die Verwalter seines Erbe ihn schon angesichts des viel zitierten automobilen Wandels so schnell abgeschrieben? Oder haben sie es schlichtweg verdaddelt - aus welchem Grund auch immer? Vielleicht fehlte auch einer im Meeting, der einfach mal sagt: „Lasst uns den Geburtstag von Carl Benz nicht vergessen.“
Es ist wie es ist. Die Chance ist für dieses Jahr vertan. Bei einer Marke, die sich auch heute noch in der Tradition des Erfinders des Automobils sieht, ist das ganz besonders bitter. Und die Gelegenheit, diesen Fehler wieder auszuwetzen, ergibt sich erst wieder 2044 - also in 25 Jahren, wenn es gilt, den 200. Geburtstag des Erfinders des Automobils zu ehren. Dass soetwas ausgerechnet Mercedes-Benz passiert, stimmt uns sehr traurig.
Ergänzung vom 27.11.2019
Wir sind von einem Leser darauf aufmerksam gemacht worden, dass Carl Benz dem Unternehmen zum 175. Geburtstag immerhin ein Instagram-Posting auf "daimlerag" wert war.
3 Kommentare
Onyxx
16. Dezember 2019 00:31 (vor über 4 Jahren)
Jan Roscher
27. November 2019 21:06 (vor über 4 Jahren)
Egide aus belgien
26. November 2019 20:14 (vor über 5 Jahren)
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