Mercedes-Benz ist vom Motorsport nicht mehr wegzudenken. In der Formel 1 gehören die Stuttgarter zu den traditions- und erfolgreichsten Rennteams überhaupt und auch in der DTM engagierte man sich über viele Jahre. Als Mercedes im Juni 2017 bekannt gab, dass man sich mit dem Ende der Saison 2018 aus der DTM zurückziehen würde und sich ab der Saison 2019/20 mit einem eigenen Werksteam in der FIA Formel E an den Start gehen werde, sorgte dies für Erstaunen und bei manch einem Motorsportfan vielleicht sogar für Entsetzen. Schließlich werden elektrisch angetriebene Fahrzeuge hierzulande immer noch belächelt wie ein Casino Bonus ohne Einzahlung und Motorsport mit E-Autos? Geht das überhaupt?
Und ob das geht! Gleich in seiner Premierensaison konnte das neugegründete Team mit seinen beiden Fahrern aus Belgien und den Niederlanden ein dickes Ausrufezeichen setzen. Der Belgier Stoffel Vandoorne konnte hinter Felix da Costa den zweiten Platz in der Fahrergesamtwertung belegen und damit den Vizeweltmeistertitel für Mercedes sichern. Der Niederländer Nyck de Vries landete zudem auf einem guten elften Platz. Den Erfolg komplett machte ein dritter Platz der Teamwertung. In der laufenden Saison sieht es sogar noch besser aus, denn Nyck de Vries führt momentan sogar die Gesamtwertung an und ist damit klar auf Weltmeisterschaftskurs. Und nun soll 2022 bereits Schluss sein mit der Erfolgsgeschichte Mercedes-Benz und E-Motorsport?
Mercedes-Benz und der eigene Anspruch in Sachen Nachhaltigkeit
Dass erfolgreicher Motorsport und ökologische Nachhaltigkeit sich nicht ausschließen müssen, sondern vielmehr Hand in Hand gehen können, hat Mercedes-Benz bereits in seiner Premierensaison bewiesen. Nach der erfolgreich abgelegten Prüfung der FIA im November 2020 wurde dem Formel E Team das Drei-Sterne-Umwelt-Prüfsiegel des Weltmotorsportverbandes feierlich verliehen. Teamchef Ian James betonte im Rahmen dieser Feierlichkeiten, dass es Mercedes-Benz um mehr gehe, als nur irgendwelche Vorgaben einzuhalten. Man sehe sich stattdessen in der „Verantwortung, alles in unserer Macht stehende zu tun, um unseren CO2-Fußabdruck zu verringern“.
Gemeinsam mit seinen Partnern und Sponsoren arbeitet man bei Mercedes daran, neue Ideen umzusetzen und in Sachen Nachhaltigkeit eine Führungsrolle einzunehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man sich zwölf Nachhaltigkeitsziele gesteckt. Diese zwölf Ziele würden sich nicht nur auf den Motorsport erstrecken, sondern auch Bereiche wie interne Weiterbildungen, ökologische Einkaufspraktiken und natürlich auch die An- und Abreisen zu den Rennorten betreffen. Überhaupt denkt man bei Mercedes beim Thema Umweltschutz weiter als nur bis zum Motorsport. Man möchte vielmehr seinen Teil dazu beitragen, das gesamte urbane Leben und die Fortbewegungsmöglichkeiten in den Städten zu revolutionieren, sprich ökologisch nachhaltiger zu machen.
Was ist die Formel E überhaupt?
Die FIA Formel E Weltmeisterschaft, wie sie offiziell heißt, ist eine Motorsportserie, deren Rennwagen mit einem Elektromotor angetrieben werden. Sie wurde auf Betreiben von Jean Todt gegründet und wird seit 2014 auf zahlreichen Stadtkursen weltweit ausgetragen. Seit dem Jahr 2014 hat sich natürlich einiges getan und die Formel E hat deutlich an Attraktivität gewonnen. Beispielsweise kommen heute mit dem Spark SRT_05e leistungsstärkere Fahrzeuge und Elektromotoren zum Einsatz, als dies in den ersten Jahren der Fall war. Dieses neue Modell verfügt über Batteriekapazitäten von 54 kWh, jedoch wird die Leistung für das Qualifying auf 250 kW und bei den Rennen auf 200 kW begrenzt. Der Spark SRT_05 wird allen Teams gleichermaßen zur Verfügung gestellt. Diese geben im Gegenzug einen Teil ihrer Sponsoreneinnahmen ab.
Da die Leistung der Rennwagen erster Generation noch deutlich geringer war, mussten zwischen den Rennen die Fahrzeuge gewechselt werden. Deshalb starteten die zum damaligen Zeitpunkt zehn Teams mit zwei Fahrern und vier Fahrzeugen in die Saison. Mittlerweile treten in der Formel E zwölf Teams mit je zwei Fahrern gegeneinander an und es wird nur noch ein Fahrzeug pro Rennen benötigt. Wo sich die Formel E jedoch gravierend von anderen Motorsportrennen unterscheidet, ist, dass die Rennen nicht auf eigens für Motorsportrennen gebauten Rennstrecken stattfinden. Stattdessen werden sie bis auf ganz wenige Ausnahmen wie dem Berlin ePrix auf ganz gewöhnlichen öffentlichen Straßen in verschiedenen Großstädten weltweit ausgetragen. Eine Strecke beträgt in der Regel zwischen 2,5 km und 3 km. In dieser Saison besteht die Formel E aus elf Teams. Neben Mercedes-Benz sind mit Porsche, BMW und Audi noch drei weitere deutsche Teams vertreten.
Die Formel E ab 2022
Die Formel E geht 2022/23 in ihre neunte Saison, man kann also durchaus davon sprechen, dass die Rennserie und ihre elektrischen Antriebe sich im Motorsport etabliert haben. Ob in dieser neunten Saison ein Team von Mercedes an den Start gehen wird, ist jedoch noch immer nicht sicher. Bis zum 31. März 2021 hatten interessierte Mannschaften Zeit, ihre Bewerbungsunterlagen bei der FIA einzureichen. Diese Frist ist mittlerweile verstrichen und Mercedes? Hat sie zur Überraschung vieler vergehen lassen. Ein Bekenntnis von Mercedes-Benz zum elektrischen Motorsport über die Saison 2021/22 hinaus wäre für den gesamten Sport ein Signal. Denn diese Ausschreibung umfasst drei Saisons, also Saison neun bis zwölf. Dazu kommt, dass ab der ersten Saison dieser neuen Ausschreibung ein Gen3-Auto eingeführt wird. Das Zögern von Mercedes hielt jedoch andere Mannschaften nicht davon ab, ihre Anmeldeunterlagen fristgerecht einzureichen. Bei Porsche, Nissan, Techeetah, Mahindra und Dragon haben die Planungen für diesen Zeitraum längst begonnen.
Ist ein Rückzug bereits beschlossene Sache?
Nein, Mercedes hat sich zwar nicht fristgerecht angemeldet, das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Stuttgarter die Formel E verlassen. Ganz im Gegenteil, es gibt nämlich Gründe, warum man sich noch nicht angemeldet hat. Teamchef Ian James widersprach vehement Gerüchten, dass man die Formel E verlassen werde. Vielmehr gäbe es noch abschließende Details zu klären, wie die Formel E ab 2022 aussehen wird. Dazu gehöre etwa, wie man vonseiten der FIA plane, die Kostenobergrenze umzusetzen.
Dieses Thema liegt den Schwaben besonders am Herzen. Bereits in der Vergangenheit positionierte sich Motorsportchef Toto Wolff eindeutig zur Einführung einer Kostenobergrenze, welche ähnlich wie bei der Formel 1 aussehen müsse. Unterstützung erhielt er von Porsche und damit direkt vom Gründer der Formel E. Alejandro Agag würde diese gerne auf 15 Millionen Euro deckeln, was ca. 40-50% dessen entspricht, was die Formel E Mannschaften im Moment ausgeben. Im April ist laut Ian James dann mit einer endgültigen Entscheidung von Mercedes-Benz zu rechnen.
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