Große Display-Tablets im Automobil waren gestern. Die nächste Generation des Infotainments setzt auf Bildschirme, die sich quer über die gesamte Fahrzeugbreite erstrecken.
Auch wenn die Automobilhersteller Infotainmentbildschirme als Manifest der neuen Zeit feiern, liegt das Debüt eines solchen Displays bereits 48 Jahre zurück. Der Aston Martin Lagonda hatte 1976 ein digitales Cockpit. Was als Mäusekino begann, hat sich mittlerweile zu einem wahren Gigantismus gewandelt. Tesla und vor allem chinesische Hersteller platzieren ein riesiges Tablet mit einer Diagonale von 15 Zoll (38,1 Zentimeter) oder mehr im Auto. Vor nicht allzu langer Zeit hatten PC-Bildschirme diese Dimensionen.
Die Größe der Displays geht einher mit einem Wandel des Infotainments und der Nutzung des Autos. Stand früher das Fahren von A nach B im Vordergrund, entwickeln sich die Fahrzeuge immer mehr zu mobilen Büros oder rollenden Unterhaltungspalästen. Dem Wachstum dieser zentralen Monitore sind durch die Gegebenheiten im Auto Grenzen gesetzt. Ein Bildschirm, der in das Sichtfeld des Fahrers hineinragt, ist schon alleine aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht unbedingt das Gelbe vom Ei.
Der neue Trend sind Displays, die sich von A-Säule zu A-Säule über die gesamte Fahrzeugbreite erstrecken. Wo früher Holz- oder Aluminiumapplikationen das Armaturenbrett zierten, blickt man jetzt auf Monitore. So hat auch der Beifahrer seine eigene digitale Spielwiese. Das ist heute schon bei Modellen wie dem Porsche Taycan so. Künftig sollen die Bildschirme in einem Guss in das Interieur des Fahrzeugs integriert werden. Einen ersten noch etwas unfertigen Ausblick, wie das aussehen könnte, gab das gescheiterte Elektromobilitäts-Start-up Byton mit seinem Coast-to-Coast-Display (von Küste zu Küste).
Mercedes läutete die neue Ägide der extrabreiten Bildschirme mit dem Hyperscreen in Elektromobilen wie den EQS ein. Die nächste Evolutionsstufe war in der BEV-Langstreckenstudie EQXX zu sehen, bei der sich die gekrümmten Monitore schon deutlich natürlicher in das Interieur einfügten. Bei den Modellen, die auf der MMA-Plattform (Mercedes-Benz Modular Architecture) basieren, gehen die Pillar-to-Pillar-Displays (von A-Säule zu A-Säule) vermutlich im nächsten Jahr in Serie. Den Auftakt macht die neue vollelektrischen CLA-Familie. Das Curved-Display ist mit einem Radius von 4.200 Millimetern gebogen, misst 47,5 Zoll (120,65 Zentimeter) und besteht aus mehr als 3.000 Leuchtdioden, die auf einer 7.680 mal 660 Pixel großen Fläche ausgeleuchtet werden.
Diese sogenannte Matrix-Hintergrundbeleuchtung hat mehrere positive Auswirkungen, die bei einem Auto wichtig sind. Die gestochen scharfe Bildqualität mit hohem Kontrast erleichtert die Bedienung des Touchscreens. Damit der Pilot nicht zu sehr abgelenkt wird, erscheinen die entsprechenden Menüfelder erst dann, sobald man sich den Monitoren mit dem Fingern nähert. Die Tatsache, dass einzelne Bildschirmbereiche gedimmt werden können (Local Dimmimg), verbessert die Lesbarkeit und spart zudem Strom, was bei einem Elektroauto nicht ganz unwichtig ist.
Diese „Ultrawide Displays“ bestehen nicht aus einem großen Monitor, sondern aus mehreren Bildschirmen, die unter einer Glasoberfläche zusammengefasst sind. Das gibt den Entwicklern die Möglichkeit, auch Sensoren und Kameras in das Bauteil zu integrieren. Auch jenseits des Atlantiks setzt man auf diese neue digitale Welt. Natürlich darf es in Nordamerika gerne auch ein bisschen größer sein. Cadillac legt beim neuen Escalade gegenüber dem Mercedes CLA noch einmal zehn Zentimeter drauf und packt ein Display von 139,7 Zentimetern zwischen die Säulen.
BMW will da nicht zurückstehen und bringt mit der Neuen Klasse ab 2025 die „Panoramic Vision“ ins Auto. Wie der marketinggeschwängerte Name schon vermuten lässt, handelt es sich auch hier um ein Monster-Display. Allerdings um ein Head-up-Display, das sich fast über die gesamte Breite der Windschutzscheibe erstreckt. Für die Projektion der Inhalte nutzen die Münchner einen dunkel beschichteten Bereich am unteren Rand der Frontscheibe. Die Informationen sollen nicht nur bei hellem Licht von allen Insassen des Fahrzeugs problemlos ablesbar sein, sondern sich auch immer die relevanten Inhalte am richtigen Ort befinden. Das heißt, der Fahrer sieht nur die Informationen, die er auswählt und nicht das, was sich gerade der Co-Pilot zu Gemüte führt.
„Die Frontscheibe wird mit unserem neuen BMW Panoramic Vision zu einem einzigen großen Display, mit dem sich völlig neue Möglichkeiten zur Gestaltung unserer Fahrzeuge ergeben. Sei es, dass der Fahrer selbst entscheidet, welche Informationen er im Sichtfeld einblenden möchte oder dass alle Insassen alle Inhalte sehen können. Durch die revolutionäre Projektion und das deutlich übersichtlichere Cockpit ergibt sich ein beeindruckendes neues Raum- und Fahrgefühl“, erklär BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber.
Damit ist die Entwicklung noch lange nicht zu Ende. Die Zukunft der Display-Technologie steht bereits in den Startlöchern. Die MicroLed vereint die Vorteile der Oled- sowie der Led-Technik. Zum Beispiel halten diese Dioden vier Mal länger als Oleds, verbrauchen wenig Strom, bieten eine breite Farbskala sowie eine hohe Leuchtdichte. Für den Einsatz in Automobilen ist sehr wichtig, dass die MicroLeds sehr widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse wie Sonneneinstrahlung und den damit einhergehenden hohen Temperaturen sind. Auch Feuchtigkeit sowie Vibrationen können den MicroLeds wenig anhaben. Ebenfalls auf der Plus-Seite stehen sehr gute Kontraste und eine konstant hohe Helligkeit. Ein weiterer Vorteil ist die schnellere Reaktionszeit, von nur wenigen Nanosekunden, was vor allem bei Videos und Computerspielen wichtig ist. Allerdings sind die Herstellungskosten noch sehr hoch.
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